Wie lässt sich Luftverkehr klimaneutral gestalten – und Kapital so lenken, dass es echte Fortschritte für die Umwelt bringt? Eine internationale Forschungsgruppe hat im Wissenschaftsjournal Science ein Modell für nachhaltige Investitionen in der Luftfahrtindustrie vorgestellt. Mitautor ist Prof. Dr. Philipp Goedeking, Luftfahrtindustrie-Experte und Honorarprofessor am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Seit vielen Jahren ist er als Strategieberater in der internationalen Luftfahrtbranche tätig und verknüpft dabei Nachhaltigkeit, Technologie und Finanzmärkte.

Rund drei Prozent der weltweiten Emissionen entstehen derzeit durch den Luftverkehr – Tendenz steigend, da eine wachsende und wohlhabendere Weltbevölkerung immer häufiger fliegt.

Prof. Dr. Philipp Goedeking

Flugzeuge beeinflussen das Klima dabei nicht nur durch Kohlendioxidemissionen bei der Verbrennung von Kerosin, sondern auch durch Kondensstreifen. Im Aufsatz „Mobilizing capital and technology for a clean aviation industry“, an dem auch Forschende der University of California in San Diego sowie der University Colleges Dublin und London beteiligt sind, beschreiben die Autoren ein grundlegendes Dilemma:

Obwohl jährlich Milliarden Euro in nachhaltigere Entwicklungsprojekte in der Luftfahrt fließen, konzentrieren sich diese vor allem auf Projekte mit beschränktem Zeithorizont und beherrschbaren Investitionsrisiken, etwa effizientere Triebwerke oder begrenzte Beimischungen von nachhaltigem Flugkraftstoff. Neue Technologien hätten die weltweite Flugzeugflotte zwar etwas effizienter gemacht und so das Emissionswachstum gebremst. Sogenannte „Sustainable Aviation Fuels“ (SAF), weitgehend aus recycelten Fetten und Ölen der Lebensmittelindustrie hergestellt, seien aber bislang erst sehr begrenzt verfügbar.

Wenn wir die Luftfahrt wirklich dekarbonisieren wollen, müssen wir Kapital gezielt in Technologien lenken, die den Sektor grundlegend verändern können – auch wenn das einen deutlich längeren Zeithorizont für Investitionen erfordert und deshalb finanziell riskanter erscheint.

Die Entwicklung neuer Antriebssysteme, Kraftstoffe und Flugzeugkonzepte kann nur dann echte Wirkung entfalten, wenn sie durch passende Finanzierungsmodelle unterstützt wird.

Prof. Dr. Philipp Goedeking

Um solche Investitionsentscheidungen zu unterstützen, schlagen die Forschenden einen Aviation Sustainability Index (ASI) vor. Er soll – ähnlich wie ein Bonitätsrating – die nötige Transparenz schaffen, um zwischen Projekten mit bloßem Nachhaltigkeitsanspruch und solchen mit nachweisbarem Klimanutzen zu unterscheiden, um Finanzströme gezielt in wirksame Projekte zu lenken.